Jan Hurta

Dissertationssthema (Arbeitstitel)

?Thomas Manns Werk im Lichte der Disability Studies“ (Betreuer: Prof. Dr. Friedhelm Marx)

Bis dato existiert eine Vielzahl kulturwissenschaftlicher und wissenshistorischer Studien zum Werk Thomas Manns. Eine Perspektive, die dabei bisher keine Berücksichtigung gefunden hat, obwohl sie nicht nur in den USA und dem Vereinigten K?nigreich seit Jahrzehnten Hochkonjunktur hat, sondern auch im Kontext der deutschen Philologie gro?es Potenzial aufweist, ist die der Disability Studies. Diese Forschungslücke soll mit dem Dissertationsprojekt geschlossen werden, indem eine Auswahl der Texte Thomas Manns aus der Perspektive der kultur- und literaturwissenschaftlichen Disability Studies gedeutet wird.

Das theoretische Fundament bildet dabei das kulturwissenschaftliche Modell von Behinderung, dem die These zugrunde liegt, dass Behinderung durch Interaktion individueller K?rper in einer sozialen Umgebung entsteht, wobei beide Aspekte nicht von der Kultur einer Gesellschaft separierbar sind. Behinderung ist demnach kein biologischer Fakt, sondern eine kulturelle erzeugte Differenzkategorie, die aus einem sozio-kulturellen Verst?ndnis von Normalit?t entsteht, von der abgewichen wird, worauf eine Gesellschaft mit Marginalisierung und Ausgrenzung reagiert.

Im Projekt werden Manns Texte als literarische Repr?sentationsfl?che einer vorherrschenden Kultur betrachtet. In dieser wird der Zusammenhang kultureller Dynamiken und (text-)gesellschaftlicher Praxis in Bezug auf Aspekte der Alterit?t, Normabweichung, Differenz und Exklusion untersucht, die aus der Andersartigkeit von Figuren im Vergleich zur ?normalen‘ Gesellschaft entstehen. Dies wird durch die Analyse folgender Untersuchungsgegenst?nde erreicht:

  • Die Produktionsweisen von Behinderung auf Grundlage der kulturellen Werte und Konzepte der erz?hlten Normgesellschaft
  • Die Gestaltung von physischer, psychischer, kultureller und sozialer Behinderung
  • Die Charakterisierung und Realisierung der Diskriminierungs- und Exklusionsprozesse, denen sich Figuren mit Behinderung ausgesetzt sehen
  • Die Frage, wie Behinderung sprachlich gestaltet ist, wie etabliert/unterminiert Sprache spezifische kulturelle Ideologien in Bezug auf Behinderung
  • Die Frage danach, wie die Erz?hlinstanz charakterisiert ist, wie sie Behinderung vermittelt und am Behinderungsdiskurs partizipiert
  • Die Frage danach, ob das Künstlertum, das Thomas Mann in mannigfaltiger Ausführung gestaltet, als Kategorie der Behinderung zu lesen ist

Im Rahmen der Studie werden Erz?hlungen wie ein Roman Manns gleicherma?en gleichwertig analysiert. Der Textkorpus umfasst:

  • Der Wille zum Glück
  • Der Bajazzo
  • Der kleine Herr Friedemann
  • Tonio Kr?ger
  • Tristan
  • Mario und der Zauberer
  • K?nigliche Hoheit

Publikationen

Monographien

  • mit Maike Neumann u. Michael Navratil (Hrsg.): Realistische Moderne – modernistischer Realismus. Verha?ltnis von Verfahren und Epoche (nicht nur) bei Thomas Mann. Baden-Baden: Rombach Wissenschaft 2025.

  • ?Aber was ist der Ku?nstler?“ Ku?nstlertypologien im novellistischen Werk Thomas Manns. Bamberg: University of Bamberg Press 2020 (= Bamberger Studien zu Literatur, Kultur und Medien 27).

Aufs?tze und kleinere Arbeiten

  • Pathos der Distanz? Eine (narratologische) Relektu?re von Thomas Manns Der Wille zum Glu?ck im Kontext der Disability Studies. In: Wirkendes Wort (akzeptiert) 

  • Liebe als Emotion. In: Lothar Bluhm u. Stefan Neuhaus (Hrsg.): Handbuch Literatur und Liebe. Kontexte und Konstellationen. Stuttgart: J. B. Metzler. (in Vorbereitung) 

  • Mark Twain und der Rhein. In: Stefan Neuhaus (Hrsg.): Rheinromantik. (im Druck) 

  • Su??er Schlaf! In: Andreas Blo?dorn u. Friedhelm Marx (Hrsg.): Thomas Mann-Handbuch. Leben – Wirkung – Werk. 2., erweiterte Auflage. Berlin: J.B. Metzler 2025, S. 361–363.

  • Kohlenkeller oder Eisgebirge – Kohle in Franz Kafkas