Bericht zur Tagung "Kristalline Formen: Das Kino von Terrence Malick" (14.-15.9.2023)"

Unser Forschungskolloquium Kristalline Formen: Das Kino von Terrence Malick, 14.-15.9.2023, am Lehrstuhl fu?r Literatur und Medien wurde von der FNK, der internen Nachwuchsfo?rderung der Universita?t Bamberg, ermo?glicht und war die erste deutsche Malick-Tagung. Geplant und organisiert von Felix Lenz, Gudrun Schwenk und Sahar Daryab, zur FNK-Fo?rderung eingereicht von Lenz, unterstu?tzt von Jo?rn Glasenapp, verfolgte die Tagung eine innovative Agenda. Denn statt einliniger Interpretationen ging es in Vortra?gen und Diskussionen insbesondere darum, sich auf die Vielfalt der Ausdrucksweisen, den Zusammenklang der heterogenen Reiz- und Deutungsangebote der Filme Malicks einzustellen. Hierbei galt es, die kristalline a?sthetische Artikulation zugleich als Freiheitsraum zur Mitgestaltung durch das Publikum zu bestimmen. Konkret bedeutet dies, die in der Architektur der Filme bewusst angelegten gestalterischen Lu?cken mitzubedenken. Denn Malick traut seinem Publikum jederzeit jede Form intelligenter, sensueller, individueller Imagination zu. Hieru?ber sind wir dazu aufgebrochen, der Eigenart der Filme und der Spezifik ihrer Erkenntnisvermo?gen gerecht zu werden. Um diese Zielrichtung zu fo?rdern, ging die Tagung werkstattfo?rmig vor. Alle Sprecher und Sprecherinnen bekamen eine Stunde zur freien Gestaltung. Hierdurch konnten die Vortra?ge weite Wege gehen oder lange Filmszenen zur allgemeinen Diskussion stellen. So kam es zu ausfu?hrlichen Debatten, bei denen unterschiedlichste Perspektiven produktiv ins Verha?ltnis gesetzt werden konnten. Denn das kristalline Analyseprinzip la?uft darauf hinaus, gegenla?ufige Sichtmo?glichkeiten im Dialog herauszuarbeiten, ernstlich von Mitdiskutierenden zu lernen und die verschiedenartigen Zu?ge und Deutungshorizonte der Filme innovativ zusammen in den Blick zu nehmen, um im kollektiven Sprechen u?ber die Filme zu neuen und synthetisierenden Lesarten vorzusto?en. Diese Programmatik steht zugleich in einem vorwa?rtsstrebenden Verha?ltnis zur bisherigen Malick-Forschung. Diese spreizt sich auf in einerseits vor allem philosophische und theologische Ansa?tze, die dazu tendieren, die Filme selbst zu Analyseanla?ssen fu?r theoretische Spekulationen zu verku?rzen, wa?hrend es auf der anderen Seite filmwissenschaftliche Ansa?tze – vielfach argumentarme Huldigungen – gibt, die es versa?umen, gedankenreichere Diskursschichten im Rahmen der Bildwelten freizulegen. Mithin war der Ansatz einer kristallinen Filmanalyse als Modus der Tagung nicht nur ein Antwortversuch auf die komplexe Gestalt der Filme, der im U?brigen der Methodik von Filmanalysen u?ber Malick hinaus u?berhaupt zugutekommen kann, sondern es ging dabei genauso um einen Versuch, die bisher gespreizten Flu?gel der Malick-Forschung produktiv ins Verha?ltnis zu setzen und so eine neue Forschungswelle in diesem Feld in Gang zu setzen: Eine Welle, die idealiter mit der Universita?t Bamberg verbunden werden soll.

Mit dieser Zielrichtung ging unserer Tagung eine kleinere Studierendentagung voraus, die den Abschluss des Malick-Seminars von Felix Lenz Weltsuche und kristalline filmische Formen: Das Kino von Terrence Malick im Sommersemester 2023 bildete. Ein personelles Bindeglied zwischen beiden Ereignissen war neben Lenz zuallererst Gudrun Schwenk, die als Tutorin das genannte Seminar sowie die Vortra?ge der Studierenden als Mentorin begleitete. Inzwischen hat Schwenk ihr Studium au?erdem mit einer Masterarbeit zu Malick abgeschlossen. Daru?ber hinaus wirkte Anja Lu?tzner als studentische Hilfskraft bei der Haupttagung mit und konnte so einen ersten Einblick in Verkehrsformen der wissenschaftlichen Diskussion nehmen. Die Synergie des Forschungskolloquiums und der Studierendentagung als Form organischer Nachwuchsfo?rderung ent- wickelte sich u?ber unsere Wu?nsche hinaus. So ist hieraus das Projekt hervorgegangen, die besten Beitra?ge der Studierendentagung in den geplanten Sammelband zur Haupttagung zu integrieren. Au?erdem werden Schwenk und Lenz im projektierten Sammelband zusa?tzliche Beitra?ge erga?nzen, um dem im Tagungsraum mit Erfolg erprobten methodischen Paradigma allgemeine und zukunftstra?chtige Konturen zu verleihen. Die geplante Vero?ffentlichung soll so den Charakter eines Agenda-Settings samt weiterfu?hrender Sichtbarkeit und diskursiver Anschlussfa?higkeit im Forschungsfeld gewinnen.

Doch der Reihe nach: Ero?ffnet wurde die Tagung am 14.9.23 mit dem Einleitungsvortrag von Felix Lenz (Bamberg). Dieser Beitrag profilierte den gemeinsamen Projektcharakter der Tagung und entwarf eine Landkarte typischer Vielschichtigkeitsformen der Filme Malicks: Ihr gleichwertiges Interesse an Flora, Fauna, kulturellen Ra?umen und Menschen; das ohne feste Hierarchien gehandhabte Verha?ltnis zwischen historischen Lagen, perso?nlichen Herausforderungen der Figuren und einer beide Ebenen u?bersteigenden kosmischen Wirklichkeit; die komplexen Beziehungen zwischen Narration, autonomer Raumerkundung der Kamera und durch Voiceover erschlossener subjektiver Reflexion der Figuren; das Ineinander einer inneren und a?u?eren Realita?tsorientierung mit assoziationskra?ftig und reizreich verfahrenden Montagen; die Kopra?senz einer improvisierten Gegenwa?rtigkeit der Darsteller und Darstellerinnen mit einer elaborierten Intertextualita?t, die Artefakte der Musik-, Film-, Kunst-, Literatur- und Philosophiegeschichte gema?? neuer expressiver Ziele zusammenbringt, also eine Art Kopra?senz heterogener Zeitschichten im Zusammenklang der Ausdrucksmittel. So machte Lenz deutlich, wie Malick postmoderne, moderne und vormoderne Bild- und Montagekulturen kombiniert und diesen Dimensionen entsprechende Deutungshorizonte simultan in seine Filme einarbeitet. Dies machte anschaulich, mit welchem kompromisslosen Glauben an die Feinfu?hligkeit und Intelligenz der Rezipierenden Malick ku?nstlerisch verfa?hrt und darin die besten Erfahrungsmo?glichkeiten des Publikums anspricht und stimuliert, stets versucht, den ganzen Menschen in all seinen Vermo?gen anzusprechen. Mithin scheint hier ein herausfordernder Realismusbegriff auf, der nicht mit der medial gegebenen Realita?tsfa?higkeit des Films zusammenfa?llt und sich auf sie beschra?nkt, sondern der darin besteht, der realen Vielfa?ltigkeit der Wirklichkeit und ihrer beweglichen Deutbarkeit umfassend gerecht zu werden. Beim Einleitungsvortrag ging es au?erdem darum, gemeinsame Diskussionsebenen zu stiften, die es dann auch wirklich ermo?glichten, alle folgenden Vortra?ge von vielen Seiten zu befragen, zu diskutieren, zu kritisieren, zu erga?nzen, produktiv miteinander in Beziehung zu setzen oder im jeweils eigenen Gedankenfeld aufzugreifen und fortzusetzen.

Die sieben Vortra?ge der Tagung verfolgten dabei zwei komplementa?re methodische Strategien. Die erste Strategie bestand darin, wesentliche einzelne Erfahrungsschichten der Filme zu isolieren und im Querschnitt mehrerer Filme zu untersuchen. Hierzu geho?rten Vaterbilder, Liebesfragen un